Im Forum des VFP wird immer wieder nach der Zulässigkeit der Verordnung und Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln durch Heilpraktiker für Psychotherapie gefragt. Der VFP ließ bereits 2003 in einem Rechtsgutachten die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger homöopathischer Arzneimittel während der psychotherapeutischen Behandlung durch Heilpraktiker für Psychotherapie untersuchen. Schon damals erfolgte auch eine Umfrage bei Aufsichtsbehörden und Ministerien. Die Umfrage wurde im Auftrag des VFP 2011/2012 erneuert und erbrachte ganz überwiegend das Ergebnis, dass das Einbeziehen von homöopathischen Arzneimitteln in die psychotherapeutische Behandlung durch Heilpraktiker für Psychotherapie zulässig ist.
Weites Diagnose- und Therapiespektrum
Heilpraktiker für Psychotherapie unterliegen nicht dem Psychotherapeutengesetz. Ihr Berufsfeld ist deshalb auch nicht auf die anerkannten psychotherapeutischen Verfahren nach § 1 Psychotherapeutengesetz beschränkt (Sozialministerium Mecklenburg – Vorpommern, 12.9.2003, AZ: IX 302). Zur Standarddiagnostik und -therapie gehören neben den anerkannten psychotherapeutischen Verfahren unter anderem Mal- und Musiktherapie, Körperpsychotherapie, Kinesiologie, Biofeedback, Bioresonanz und Lichttherapie. Heilpraktiker für Psychotherapie dürfen von ihrem Tätigkeitsfeld und ihrer praktischen Berufsausübung also wesentlich mehr diagnostische und therapeutische Verfahren anwenden als Psychologische Psychotherapeuten. Medizinrechtlich betrachtet besteht deshalb in der Wertigkeit kein Unterschied zwischen den Heilpraktikern für Psychotherapie und den sog. Vollheilpraktikern. Für beide ist die Erlaubnis unter dem Aspekt der „Gefahr für die Volksgesundheit“ zu beurteilen. Die „Psychotherapie“ im Verständnis der Heilpraktiker ist deshalb weit umfassender als die der Psychotherapeuten. Auch der unterstützende Einsatz homöopathischer Arzneimittel (z. B. zur Blockadelösung) gehört zum Lehrstoff in der Ausbildung und zum Selbstverständnis der Heilpraktiker für Psychotherapie. Sehr viele Heilpraktiker für Psychotherapie integrieren so die homöopathische Arzneimitteltherapie in ihre praktische Arbeit. Ist die Arzneimitteltherapie final eingebunden in eine psychotherapeutische Behandlung, dient sie der Unterstützung psychotherapeutischer Methoden.
Folglich gilt: Werden nicht verschreibungspflichtige geeignete homöopathische Arzneimittel verordnet oder angewendet, ist diese Tätigkeit von der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie erfasst.
Das psychotherapeutische Gesamtkonzept
Welche Homöopathika typischerweise in die Behandlung einbezogen werden können, richtet sich nach dem angewandten psychotherapeutischen Gesamtkonzept (Bayrisches Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, 15.9.2003, AZ 3.2/8584-21/107/03). In diesem Fall ist das Einbeziehen der Homöopathika zulässig. Wie jeder Heilpraktiker muss auch der Heilpraktiker für Psychotherapie vor jeder Behandlung prüfen, ob er persönlich hinreichend qualifiziert ist, die vorgesehene Behandlung nach den Standards und Theorien der Medizin durchzuführen. Andernfalls könnte sich eine zivilrechtliche Haftung ergeben. Zutreffend formuliert dies exemplarisch das Sozialministerium Mecklenburg–Vorpommern (a. a. O.): “… teile ich mit, dass nach meiner aufsichtsbehördlichen Auffassung eine auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilkundeerlaubnis nach § 1 des Heilpraktikergesetzes (HPG) die Anwendung und Verordnung von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für den jeweiligen psychotherapeutischen Behandlungsfall grundsätzlich beinhaltet. Unabhängig davon hat der Erlaubnisinhaber, der auch ohne Kenntnisüberprüfung die Erlaubnis etwa als Diplompsychologe erworben haben kann, zu prüfen, ob er fachlich zur Verordnung dieser Arzneimittel einschließlich Kontrolle ihrer Anwendung hinreichend qualifiziert ist, da andernfalls trotz einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde insofern rechtliche Bedenken bestünden.”
Ministerien der Bundesländer akzeptieren die Einbeziehung
In 11 Bundesländern ist durch eindeutige Behördenaussagen die Einbeziehung homöopathischer, nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in die psychotherapeutische Behandlung durch Heilpraktiker für Psychotherapie bestätigt. Hierzu gehören Berlin, Hessen, Baden-Württemberg, Mecklenburg- Vorpommern, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, und Rheinland-Pfalz.
Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit des Freistaates Thüringen hält nach Abstimmung mit der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer eine Arzneimitteltherapie durch Heilpraktiker für Psychotherapie für unzulässig. Begründung: es handele sich bei der medikamentösen Therapie nicht um ein wissenschaftlich anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren nach dem PsychThG. Diese Rechtsauffassung mag für Psychologische Psychotherapeuten zutreffend sein, aber nicht für Heilpraktiker für Psychotherapie, denn diese sind gerade nicht auf die anerkannten Verfahren beschränkt.
Aus Hamburg liegt noch keine endgültige Entscheidung vor.
Nordrhein-Westfalen, Bremen und das Saarland haben eine Auskunft auf die Anfrage abgelehnt. Hier kann eine individuelle Auskunft der Gesundheitsämter zu dem psychotherapeutischen Konzept und den konkret einbezogenen Homöopathika zweckmäßig sein. So wird eine spezifische Beurteilung und Erlaubnis erreicht.
Dokumentation: Ausgewählte Auszüge aus den Stellungnahmen
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2011, AZ: 55-5418-2: „Heilpraktiker/innen dürfen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel im Rahmen ihrer Therapie anwenden oder verordnen …”
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit vom 9.11.2011, AZ: 32a- G8584.1-2011/14-2: „Es wird somit für vertretbar gehalten, wenn ein Heilpraktiker mit einer auf dem Gebiet der Psychotherapie eingeschränkten Erlaubnis nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel … im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung verordnet oder empfiehlt.”
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin vom 18.11.2011, AZ: I C 24/5317: „Gegen die Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 des Heilpraktikergesetzes beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung bestehen keine Bedenken.“
Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg vom 3.5.2012, AZ: 22-6401/5 +2#84464/2012: „…, dass wir die Auffassung vertreten, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker mit einer eingeschränkten Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Psychotherapie nicht verschreibungspflichtige homöopathische Arzneimittel verordnen und anwenden dürfen …“
Hessisches Sozialministerium vom 22.2.2012, AZ: V1-18b 2500: „Im Ergebnis stehen aus berufsrechtlicher Sicht einer therapieunterstützenden Verwendung von nicht verschreibungspflichtigen, homöopathischen Arzneimittel seitens Ihres Mandanten keine Bedenken entgegen …“
Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration vom 9.3.2012, AZ: 402.15-41022-15-10: „Folgerichtig gilt, dass Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie bei der Empfehlung nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel den Rahmen ihrer Erlaubnis einzuhalten haben.”
Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz vom 28.11.2011, AZ: 652 80 582: „Daher haben wir keine Bedenken gegen die Verordnung bzw. den Einsatz dieser Präparate.“
Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz des Freistaates Sachsen vom 22.11.2011, AZ: 26-5417.00/2: „Die Empfehlung zur Anwendung bzw. die Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Heilpraktiker auf dem Gebiet der Psychotherapie unterliegt daher keinen arzneimittelrechtlichen Beschränkungen.“
Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 12.12.2011, AZ: 22-41020/1: „Wir bestätigen, dass im Rahmen der heilpraktischen Psychotherapie die Verordnung und Anwendung nichtverschreibungspflichtiger, homöopathischer Arzneimittel zulässig sind …“
Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein vom 6.12.2011, AZ: VIII 414.401 4523-001: „… können nach hiesiger Auffassung nicht verschreibungspflichtige homöopathische Arzneimittel in die psychotherapeutische Behandlung durch Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker einbezogen werden.“
Dr. jur. Frank A. Stebner
Fachanwalt für Medizinrecht und Praxisberater, MedTrainer® in Salzgitter.
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