Biografie von Lore Perls geborene Posner bis zur Begründung der Gestalttherapie
Lore Posner wurde am 15. August 1905 in Pforzheim in eine wohlhabende jüdische Familie geboren.
Die vornehme, distanzierte Mutter passte ihr Leben und das ihrer Familie den großbürgerlichen Idealen des 19. Jahrhunderts auf nahezu perfekte Weise an. Selbst mehrerer Sprachen mächtig und Klavier spielend, sollten die Mitglieder der Familie stets der Etikette auf genaueste Folge leisten, d.h. passend sitzen, sprechen, sich bewegen etc.
Der Vater entstammte der Mittelschicht und arbeitete als Juwelier und erfolgreicher Geschäftsmann. Geprägt von den Idealen eines liberalen und offenen Europäertums setzte er diese Ideen auch in seinem eigenen Leben um. Er wird als diskreter, leiser und liebevoller Mensch beschrieben.
Ihm zuliebe lernte Lore sich betont unauffällig zu verhalten, da ihr Vater der Überzeugung war, dass man als Jude in Deutschland nur überleben kann, wenn man sein Glück, seinen Erfolg und seinen Wohlstand nicht nach außen trägt. Gesegnet mit hoher Intelligenz und großer musikalischer Begabung gehörte Lore in der Schule stets zu den Besten. Die familiäre Konstellation empfand sie zunehmend als Bedrückung und ein Ausweg bestand für sie in Ausflügen in die Kunst und Kultur. Ihre Beziehungen zu jungen Männern ihres Alters wird als eher burschikos und kumpelhaft beschrieben, so dass sie Freundschaften oder intensive Liebesbeziehungen zu weitaus älteren Männern entwickelte.
Eine erste Beziehung dieser Art hatte eine ernste Auseinandersetzung mit ihren Eltern zur Folge, wodurch Lore Perls einen Zusammenbruch erlitt und einige Monate in einer Klinik im Schwarzwald verbrachte. Hier war sie dem Einfluss eines Adlerianers ausgesetzt und kam zum ersten Mal mit der Psychoanalyse in Berührung. Sie las in dieser Zeit Freuds Traumdeutung, Zur Psychpathologie des Alltagslebens und andere wegweisende Werke der Psychoanalyse. Daneben wendete sie sich auch sozialen und politischen Fragen zu. Hierdurch beeinflußt sprach sie sich gegen eine durchaus mögliche Karriere als Konzertpianistin und entschied sich für ein Studium der Rechtswissenschaften. Nach zwei Jahren wechselte sie aber 1926 zu einem Studium der Psychologie und Philosophie.