Konflikteskalation nach Glasl

Eine Konflikteskalation läuft meist nach einem bestimmten Schema ab. Der Sozialforscher Friedrich Glasl hat diesen Verlauf in einem Modell mit drei Hauptstufen zusammengefasst. Im Anfang eines Konfliktes gelingt es noch meist eine für alle beteiligten Seiten gute Lösung zu erzielen „win-win-Phase“, danach wird zumindest eine der Parteien als „Verlierer“ aus dem Konflikt herausgehen („win-lose-Phase“), bis schlussendlich es nur noch Verlierer des Konfliktes gibt („lose-lose-Phase“). In den ersten beiden Phasen kann durch gutes Coaching oder Mediation eingegriffen und der Konflikt begrenzt oder gütlich beendete werden. Durch rechtzeitiges Intervenieren sogar zum Gewinn aller beteiligten Parteien. Dies macht deutlich, weshalb ein bewusstes Aufgreifen von schwelenden Konflikten so wichtig ist. Glasl formulierte folgende interessante Definition von Konflikten:
Sozialer Konflikt ist eine Interaktion  zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor Unvereinbarkeiten im Denken/ Vorstellen/ Wahrnehmen und/ oder Fühlen und/ oder Wollen mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, – dass im Realisieren eine Beeinträchtigung  durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge. (Friedrich Glasl)

Modell der Konflikteskalation

1. Ebene (Win-Win)
Stufe 1 – Verhärtung Konflikte beginnen mit Spannungen, z. B. dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Meinungen. Es wird meist noch nicht als Beginn eines Konflikts wahrgenommen. Wenn daraus doch ein Konflikt entsteht, werden die Meinungen fundamentaler vertreten. Der Hintergrund des Konflikts könnte tiefere Ursachen haben. Stufe 2 – Debatte Dies ist der Beginn einer Strategieentwicklung, um die andere Partei von ihren Argumenten zu überzeugen. Meinungsverschiedenheiten führen zu einem Streit. Druck wird als Mittel eingesetzt. Schwarz-Weiß-Denken entsteht. Stufe 3 – Taten statt Worte Der Druck auf den jeweils anderen wir durch die Konfliktparteien erhöht, um sich oder die eigene Meinung durchzusetzen. Gespräche werden z. B. abgebrochen. Verbale Kommunikation  im eigentlichen Sinne findet nicht mehr statt und der Konflikt gewinnt schnell an Schärfe. Das Mitgefühl für den „anderen“ geht verloren.
2. Ebene (Win-Lose)
Stufe 4 – Koalitionen Der Konflikt verschärft sich dadurch, dass man Sympathisanten für seine Sache sucht. Koalitionen werden gebildet. Da man sich im Recht glaubt, kann man den Gegner denunzieren. Es wird zunehmend unsachlich. Den Konflikt zu gewinnen steht nur noch im Vordergrund, der Gegner muss verlieren. Stufe 5 – Gesichtsverlust Der Gegner soll in seiner Identität vernichtet werden durch alle möglichen Unterstellungen oder ähnliches. Hier ist der Vertrauensverlust vollständig. Gesichtsverlust bedeutet in diesem Sinne Verlust der moralischen Glaubwürdigkeit. Stufe 6 – Drohstrategien Mit Drohungen versuchen die Konfliktparteien, die Situation absolut zu kontrollieren. Sie soll die eigene Macht veranschaulichen. Man droht z. B. mit einer Forderung (10 Mio. Euro), die durch eine Sanktion („Sonst sprenge ich Ihr Hauptgebäude in die Luft!“) verschärft und durch das Sanktionspotenzial (Sprengstoff zeigen) untermauert wird. Hier entscheiden die Proportionen über die Glaubwürdigkeit der Drohung.

3. Ebene (Lose-Lose)

Stufe 7 – Begrenzte Vernichtung Dem Gegner soll ab jetzt vor allem und mit allen Tricks empfindlich geschadet werden. Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen. Ein begrenzter eigener Schaden wird hingenommen und es wird schon als Gewinn angesehen, sollte der des Gegners größer sein. Stufe 8 – Zersplitterung Die Vernichtung des Unterstützersystems des Gegners rückt in den Vordergrund. Stufe 9 – Gemeinsam in den Abgrund Selbstzerstörung wird mit einkalkuliert, um den Gegner zu schlagen und zu besiegen.

Interventionsmöglichkeiten zur Deeskalation:

  • Stufe 1–3: Moderation/ Coaching
  • Stufe 3–5: Prozessbegleitung
  • Stufe 4–6: sozio-therapeutische Prozessbegleitung
  • Stufe 5–7: Vermittlung/Mediation
  • Stufe 6–8: Schiedsverfahren/gerichtliches Verfahren
  • Stufe 7–9: Machteingriff
 

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